Die Angst ist zurück

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Ein Beitrag von Prof. Dr. Robert Wagner

November 1989, ich stehe inmitten einer riesigen Gruppe von Menschen vor der überfüllten evangelischen Kirche unserer Stadt. In den Fenstern überall Kerzen der Solidarität, ein tolles Gefühl. Doch was, wenn mich die Stasi beobachtet und weitermeldet? Würden sie mir dann den Studienplatz wegnehmen? Das wäre nicht so toll, auch wenn er nur das Ergebnis einer Zuweisung war, weil ich für das Studium, das ich wollte, nicht zugelassen wurde. Was könnte sonst noch passieren?

Oktober 2022, ich stehe zusammen mit einem Kollegen im Büro, als er mir erzählt: „Ich wollte eigentlich schon auf der Demo gegen die Abschaltung der Atomkraftwerke mitlaufen, aber das geht ja nicht, denn wenn mich da jemand sehen würde, dann wäre mein Ruf hier ruiniert.“

Dreißig Jahre nach der Wende ist die Angst zurück. Begleitet und verursacht wird sie zum einen von freiwilligem (z.B. über Social Media1) und institutionalisiertem Denunziantentum (z.B. über Meldestellen für Vorfälle auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze2). Dank der Digitalisierung geht das nun nur wesentlich effizienter und preiswerter als das von der Staatssicherheit in der DDR organisierte System.

„Wie kann er das nur vergleichen?“ wird der eine oder andere Leser sagen „das ist doch total übertrieben!“ Und das ist die andere Begleitung und Ursache der zurückgekehrten Angst, nämlich die Naivität und mangels eigenen Erlebens auch Unkenntnis darüber, wie ein System der Angst funktioniert. „Das sind nur Einzelfälle, so schlimm ist es nicht, bei uns kann doch jeder sagen, was er denkt.“ heißt es, oder „Cancel Culture gibt es nicht, die Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit stehen bei uns im Grundgesetz, das sind doch alles Verschwörungstheorien.“ Ja, entsprechend unserem Grundgesetz ist die Wissenschaft frei und jeder kann auch seine Meinung frei äußern. Und von Gesetzes wegen konnte das auch jeder in der DDR, denn wie hieß es auch dort in Artikel 27 der Verfassung: „Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. Dieses Recht wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt. Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.“ 3

War man in der DDR also eigentlich doch frei? Schützt uns unser Grundgesetz heute vor Unfreiheit? Bedeutet, nicht willkürlich ins Gefängnis kommen zu können (wobei selbst das nach der vom Innenministerium zumindest geplanten Beweislastumkehr4 nicht mehr so abwegig scheint), automatisch auch frei zu sein? Um das zu beantworten, könnte es hilfreich sein, sich z.B. mit unterschiedlichen Definitionen von Freiheit zu befassen, im Folgenden mit der negativen und positiven Freiheit im Sinne von Berlin:5

Negative Freiheit bedeutet im Wesentlichen die Abwesenheit von (äußerem) Zwang, also z.B. im Extremfall nicht eingesperrt zu sein bzw. zu werden.

Positive Freiheit bedeutet im Wesentlichen sein eigener Herr zu sein, d.h. sein Leben und seine Entscheidungen selbstbestimmt und unabhängig von äußeren Mächten realisieren zu können.

In Bezug auf die Meinungsfreiheit im Allgemeinen und auch in Bezug auf die Wissenschaftsfreiheit im Besonderen würde negative Freiheit bedeuten, dass ich meine Meinung frei äußern und auch frei forschen und lehren kann, ohne daran direkt oder indirekt (durch anschließendes de facto Berufsverbot oder Einsperren) gehindert zu werden.

Die positive Freiheit würde in diesem Zusammenhang bedeuten, dass ich – unabhängig von meiner Meinungsäußerung – meine berufliche Entwicklung, als Wissenschaftler also meine Forschung und Lehre, selbstbestimmt und unabhängig von äußeren Mächten verwirklichen kann.

Die Angst vor dem Verlust dieser positiven Freiheit ist die Angst, die wieder zurück ist. Dies lässt sich sehr gut am Beispiel von Sprachmanipulationen veranschaulichen, u.a. zum Beispiel in Form des Genderns.6

Das Gendern, also der Kampf gegen die sprachliche Normalität in Form des generischen masculinums (d.h. laut Dudendefinition der geschlechtsübergreifenden Verwendung der grammatikalisch männlichen Form im Plural)7 erfreut sich in den letzten Jahren einer großen Verbreitung, vor allem im Bereich der Hochschulen, Behörden und Medien, speziell der Öffentlich-Rechtlichen. Neben der Mehrheit der Bevölkerung (laut infratest dimap 65% im Jahr 2020, laut ZDF-Politbarometer 71% im Jahr 2021)8,9 lehnen auch zahlreiche Sprachwissenschaftler das Gendern ab, stellvertretend sei hier nur der in der Öffentlichkeit viel zitierte emeritierte Prof. Peter Eisenberg genannt.10 Als zwischenstaatliche Institution im Auftrag des Staates ist der „Rat für deutsche Rechtschreibung“ die maßgebende Instanz in Fragen der deutschen Rechtschreibung. Sein amtliches Regelwerk gilt für Schulen sowie für Verwaltung und Rechtspflege und enthält auch nach der letzten Überprüfung im Jahr 2021 bewusst keine Empfehlung für die Verwendung des Asterisk („Gender-Stern“), Unterstrich („Gender-Gap“), Doppelpunkt oder anderen verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern.11

Vor diesem Hintergrund stellen sich dann drei Fragen:

  1. Was hat das dann denn mit der Angst des Verlustes der positiven Freiheit im Allgemeinen und der Wissenschaftsfreiheit im Besonderen zu tun, es gibt doch klare Vorgaben?
  2. Wie kann es sein, dass in einem demokratischen Rechtsstaat sowohl die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung als auch die von staatlicher Stelle mit der Regelung der Sprache beauftragte Institution und deren Empfehlung von einer alimentierten elitären Minderheit ignoriert wird und dies keinerlei Konsequenzen hat?
  3. Wie kann es sein, dass es eine Minderheit schafft, dass speziell im Hochschulbereich immer mehr Menschen Sprache und Begriffe wider besseres Wissen und entgegen dem eigenen Empfinden immer häufiger falsch verwenden?

Beginnen wir mit dem ersten Punkt, also der Angst vor dem Verlust der positiven Freiheit. Wie oben ausgeführt, verhält sich derjenige, der nicht gendert, regelkonform im Sinne der Empfehlungen des Rates für Rechtschreibung. Er verhält sich aber nicht regelkonform im Sinne der Leitlinien zahlreicher Hochschulen, öffentlicher Einrichtungen, Fachgesellschaften, Forschungsfonds und Verlage.

Wissenschaftler sollen aber forschen und veröffentlichen, und ihre Reputation sowie ein Teil Ihrer Bezüge und damit ihrer Altersvorsorge, hängen u.a. auch genau davon ab. Wenn sie jedoch darauf bestehen, in ihren Veröffentlichungen nicht zu gendern, haben sie immer weniger die Möglichkeit, überhaupt zu veröffentlichen12; wenn sie Forschungsanträge stellen, ohne zu gendern, bekommen sie unter Umständen keine Gelder13; wenn sie auf das Einhalten der geltenden Sprachregelung in Prüfungen drängen, werden ihnen unter Umständen Lehraufträge entzogen14 und wenn sie in Bewerbungsgesprächen nicht gendern, bekommen sie unter Umständen erst gar keine Berufung.15 Unabhängig davon müssen sie sich mit der Diffamierung auseinandersetzen, vermeintlich diskriminierend zu sprechen und gegen Gleichberechtigung zu sein, obwohl sie sich lediglich an die Vorgaben der Institution halten, die vom Staat mit der Regelung der deutschen Sprache beauftragt wurde.

Jetzt wird der eine oder andere dem entgegenhalten, dass dies ja nicht flächendeckend der Fall ist und auch nicht bewiesen werden kann bzw. es sich nur um Einzelfälle handelt. Es reicht aber ein Einzelfall aus, in dem der Staat bzw. das Rechtssystem nicht korrigierend eingreift (und das hat es in keinem der mir bekannten Fälle), um genau die Angst zu schüren, von der ich spreche. Denn der Staat billigt damit offensichtlich das Verhalten der Institution und ermutigt andere Institutionen, es ihr gleich zu tun und schürt gleichzeitig die Angst derer, die davon betroffen sein könnten. Warum? Weil es in seinem ideologischen Interesse ist, auch wenn es dafür keine entsprechende gesetzliche Regelung oder politische Mehrheit gibt.16 Man könnte es auch im Sinne des – meines Wissens – Mao Zedong in dieser Form fälschlicherweise zugeschriebenen Zitats interpretieren: „Bestrafe einen und erziehe hundert.“ Und genau diese Angst der hundert ist es, die wieder da ist. Es ist die Angst vor dem Verlust der positiven Freiheit, die aber nur der Anfang sein wird, denn wenn erst einmal der sprachliche Gewöhnungseffekt eingesetzt hat, wird das Gendern wahrscheinlich die neue Sprachregelung sein und das „Nicht-Gendern“ als diskriminierend irgendwann strafbar sein, was dann auch zum Verlust der negativen Freiheit führt. „Ist das nicht etwas sehr weit hergeholt und eher unwahrscheinlich?“ Nein, wie das Beispiel des kanadischen Vaters zeigt, der per Gerichtsbeschluss u.a. dazu gezwungen ist, seinen an Geschlechtsdysphorie leidenden biologischen Sohn nicht mehr mit seinem Geburtsnamen anzureden und der wegen Missachtung verschiedener mit diesem Urteil in Zusammenhang stehenden Anforderungen ins Gefängnis musste.17 Nein, das ist nicht ganz dasselbe, aber es ist nah dran an dem, was aktuell in Deutschland passiert bzw. passieren kann. Und noch einmal zur Sicherheit: Es geht hier gar nicht darum, ob man für oder gegen das Gendern, die Akzeptanz individueller Pronomen ist o.a., es geht darum, was mit der Freiheit passiert, wenn sich der Staat und seine Institutionen so verhalten, wie sie es in diesen Fragen tun. Denn dies ist nicht das einzige Themenfeld, in dem das passiert: Das Eintreten für grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse der Biologie wird z.B. vom Queer-Beauftragten der Bundesregierung ohne Sachkenntnis und ohne Belege als „gruppenbezogen-menschenfeindlich“ bezeichnet, was all jene diffamiert und diskreditiert, die diese Grundlagen weiterhin vertreten und verbreiten.18 Und das trifft dann zum Beispiel auch auf die deutsche Biologin und Nobelpreisträgerin Nüsslein-Volhard zu, die eben jenem genannten Queer-Beauftragten der Bundesregierung bezüglich seiner Einlassungen zum Thema attestierte, dass er „vielleicht den Grundkurs Biologie verpasst“ hat.19 Aber hier gilt das in Bezug auf das Klima geforderte „Follow the Science“ dann augenscheinlich nicht mehr, denn es entspricht nicht dem, was man bzw. die eigene Ideologie von der Wissenschaft erwartet. Um diesen offensichtlichen Widerspruch aufzulösen, gibt es aber natürlich eine einfache Lösung, denn man kann ja beliebige Lehrstühle und Studiengänge generieren, die dann als neue vermeintliche Wissenschaftsdisziplinen neue Definitionen erschaffen und dann ist das faktische, biologische Geschlecht einfach nicht mehr relevant, sondern man spricht nur noch vom sozialen Geschlecht, lässt alsdann die so wichtigen Adjektive „biologisch“ und „sozial“ weg und schon gibt es faktisch irrelevante bzw. falsche, aber eben doch neue, alternative wissenschaftliche Definitionen des Geschlechts. Es gab einmal einen amerikanischen Präsidenten, dessen Beraterin ähnlich vorgegangen ist und für den von ihr geprägten Begriff der „alternative facts“, also alternativer Fakten, belächelt wurde, in Deutschland wurde er 2017 sogar zum Unwort des Jahres.20 Aber genau solche alternativen Fakten sind leider oft die Basis des aktuellen Zeitgeistes bzw. Ungeistes, sei es in der Biologie, der Klimaforschung, der Geschichte u.v.a. mehr.

Hat dies dann aber tatsächlich Einfluss auf die positive Freiheit? Ja, denn im Ergebnis dieses Zeitgeistes und der ideologischen Neudefinition von bzw. der Verquickung mit Standardinhalten ist jetzt z.B. eine Professur „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Gender- und Diversity Management“ an der HWR Berlin ausgeschrieben.21 Damit ist klar, dass selbst der weltweit am besten qualifizierte Bewerber mit Managementwissen und -erfahrung keine Chance hat, wenn er im Bewerbungsgespräch nicht gendert und sich nicht den ideologischen Anforderungen an diese Stelle beugt. Damit braucht man dann mittelfristig auch keine Berufsverbote für die Gegner der eigenen Ideologie, nein, man schreibt die Stellen so aus, dass sich nur noch Menschen bewerben, die sich der staatlich gewünschten Ideologie verschrieben haben. Und das ist der gewollte Tod der positiven Freiheit.

Die zweite vorhin gestellte Frage, nämlich warum dieses Verhalten keine Konsequenzen hat, kann ich nicht beantworten. Schaut man sich aber den Sprachgebrauch fast aller Parteien an, so steht zu vermuten, dass der oben beschriebene Prozess genau so politisch gewollt ist.22

Für die Beantwortung der dritten Frage, wie es eine Minderheit schafft, dass speziell im Hochschulbereich immer mehr Menschen Sprache und Begriffe wider besseres Wissen und entgegen dem eigenen Empfinden falsch immer häufiger verwenden, gibt es unterschiedlichste Erklärungsansätze aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen.23 Zumindest einer soll an dieser Stelle zumindest kurz angerissen werden, nämlich die sogenannte Ash-Conformity. Der Psychologe Solomon Ash hat in einem Experiment schon 1951 aufgezeigt, dass sich Personen häufig wider besseres Wissen und eigener Wahrnehmung bzw. Einschätzung einer vermeintlich korrekten Gruppen- bzw. Mehrheitsmeinung beugen. Dazu hatte er jeweils eine Testperson mit sieben anderen Personen in einen Raum gesetzt und in mehreren Runden gefragt, ob eine jeweils abgebildete Linie die gleiche Länge hat wie eine Vergleichslinie oder nicht. Nach einigen Durchgängen, in denen jeweils alle Personen die Unterschiede zwischen den Linien richtig erkannten und benannten, ließ er die sieben eingeweihten Personen der Gruppe jeweils behaupten, beide Linien seien gleichlang, was aber falsch war. Die achte, nicht eingeweihte Testperson, hat sich im Durchschnitt zu 32% der jeweils falschen Meinung der Gruppe wider besseres Wissen angeschlossen, selbst wenn sie innerlich vom Gegenteil überzeugt war. Dabei schwankte das „sich der Mehrheit beugen“ erheblich, denn einige Testpersonen beugten sich fast immer der Mehrheitsmeinung, lediglich ein Viertel der Personen blieb immer konsequent bei ihrer korrekten Wahrnehmung und äußerte diese auch entsprechend.24 Ein Phänomen, dass man m.E. auch heute in der Praxis sehr gut beobachten kann, nur das die wahrgenommene vermeintliche Mehrheit (z.B. dargestellt im und repräsentiert durch den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, Twitter u.a.) gar keine Mehrheit ist, aber als solche wahrgenommen wird und werden will, was dann zu den oben genannten Effekten bei den Mitgliedern der tatsächlichen Mehrheit führen kann, und zwar so lange, bis sie vielleicht tatsächlich einmal eine Minderheit ist.

Dies lässt sich auch wieder sehr gut am Beispiel des Genderns an Hochschulen veranschaulichen. Eigentlich weiß jeder, dass das Wort „Studierende“ als Ersatz für „Studenten“ grammatikalisch falsch ist. Ich studiere z.B. momentan gerade einige wissenschaftliche Aufsätze zum Thema Ash-Conformity, bin aber schon seit längerem kein Student mehr. Und viele meiner Studenten nehmen die Möglichkeit, tatsächlich jeden Tag zu studieren, leider nur sehr eingeschränkt wahr. Trotzdem scheint es nur noch „Studierende“ an Hochschulen zu geben, obwohl es kein Gesetz oder einen Erlass gibt, Studenten so falsch bezeichnen zu müssen. Eine kleine Gruppe hat irgendwann einmal damit angefangen und hat dieses Wort permanent verwendet und konnte vor allem auch auf der Leitungsebene Befürworter dieser Sprechweise gewinnen, auch weil sie es mit dem Begriff der „Geschlechtergerechtigkeit“ als etwas vermeintlich moralisch Wünschenswertes begründet hat. Wenn jetzt der Einzelne, der in seinem privaten Umfeld nie diesen Begriff benutzt hat und ihn in seinem Umfeld auch nie hört, völlig abgeschottet von Gremien, Kollegen und schriftlichen Einlassungen unterrichten würde, käme er m.E. nie auf die Idee, Studenten mit einem grammatikalisch falschen Begriff anzusprechen. In einem Umfeld aber, in dem er immer häufiger mit diesem Begriff und seiner vermeintlich wünschenswerten Verwendung konfrontiert wird, hinterfragt er sich, ob nicht der Begriff „Studierender“ tatsächlich der richtigere Begriff ist, selbst wenn er weiß, dass er grammatikalisch falsch ist. Zuerst wird er ihn nur dann verwenden, wenn er innerhalb dieser Gremien oder mit den Kollegen spricht, die ähnlich wie im Ash-Experiment jeweils die Mehrheit im Raum darstellen, irgendwann geht es dann aber auch in den alltäglichen Sprachgebrauch über, da sich ein Gewöhnungseffekt einstellt. Hinzu kommt natürlich die Angst, bei Nichtverwendung des Begriffs, ohne Hinterfragung des Motivs als jemand zu gelten, der vermeintlich gegen Geschlechtergerechtigkeit ist, wie mir ein Kollege (der eigentlich gegen die Verwendung dieses falschen Begriffs ist und ihn trotzdem verwendet) auf Nachfrage explizit bestätigt hat.25

Das heißt, es handelt sich hierbei leider um ein vergleichsweise normales psychologisches Phänomen. Heißt das dann aber auch automatisch, dass man dann ja sowieso nichts dagegen unternehmen kann? Nein, denn die variierten Testreihen von Ash haben auch gezeigt, dass, selbst wenn es nur eine Person gab, die ebenfalls die richtige Antwort geäußert hat, die Testperson sich im Durchschnitt nur noch zu 5-10% der falschen Mehrheitsmeinung anschloss (als „Einzelkämpfer“ zu 32%).

Und da können auch Sie, der Leser, ansetzen. Jeder kann diese eine Person sein, die den anderen ermutigt, ebenfalls zum Richtigen bzw. zur Wahrheit zu stehen, auch wenn eine vermeintliche Mehrheit wissentlich oder unwissentlich falsche Aussagen tätigt. Haben Sie den Mut, im nächsten Meeting denjenigen zu unterstützen, der hilfesuchend in die Runde schaut, in der Hoffnung, dass ihn jemand im Kampf für das Richtige und die Wahrheit unterstützt. Denn dann können die, die für die Wahrheit und das Richtige stehen, viel sicherer auftreten und werden weitere Gruppenmitglieder überzeugen. 1989 war es wie anfangs erwähnt, viel gefährlicher, für das Richtige einzustehen und die Wahrheit zu sagen. Deshalb können und sollten Sie noch heute wieder damit anfangen oder weitermachen, denn noch werden Sie ja auch gefragt. Wenn die aktuelle Entwicklung jedoch einfach so weitergeht, werden Sie irgendwann vielleicht gar nicht mehr gefragt, dann ist die Freiheit tot.

Ja, die Angst ist zurück, aber man kann und muss gegen sie kämpfen und sie besiegen!

 

 

1 Vgl. J. Haidt (2022).

2 Vgl. Landesregierung NRW (2022).

3 Klett-Verlag (O.J.).

4 Vgl. Junge Welt (2022).

5 Vgl. A. Braune (2011).

6 Dabei geht es an dieser Stelle nicht darum, die Diskussion über das Gendern durch die Hintertür zu führen, sondern um das Vorgehen, das von den Befürwortern häufig gewählt wird und dessen Konsequenzen.

7 Vgl. Duden (2022).

8 Vgl. ZDF (2021).

9 Vgl. Infratest Dimap (2022).

10 Vgl. P. Eisenberg (2018).

11 Vgl. Rat für deutsche Rechtschreibung (2021).

12 Vgl. Hogrefe-Verlag (2022).

13 S. Russ-Mohl (2021).

14 A. Zuschke (2022).

15 Hier gibt es natürlich keinen schriftlichen Nachweis, jedoch wurde mir dies in der persönlichen Kommunikation glaubhaft geschildert.

16 „Die vielfach verwendete, durchgängige Anwendung der männlichen Form zur abstrakten Bezeichnung von weiblichen und männlichen Personen, das sogenannte generische Maskulinum, trägt dem Anspruch und der Realisierung sprachlicher Gleichstellung nicht Rechnung und ist auch längst nicht mehr zeitgemäß.“, Landtag Baden-Württemberg (2020).

17 Vgl. Supreme Court (2022), CTVNEWS (2021).

18 Vgl. Spiegel (2022).

19 Vgl. EMMA (2022).

20 Vgl. DLF (2018).

21 Vgl. HWR (2022).

22 Vgl. Landtag Baden-Württenberg (2021).

23 Für diesen Artikel zu umfangreich, aber sehr lohnenswert zu analysieren, sind hier z.B. die Studien von Mancur Olson zur Logik des kollektiven Handelns sowie zum Aufstieg und Niedergang von Nationen, die man m.E. auch perfekt auf Kulturen anwenden kann, denn z.B. einen Niedergang der Kultur erleben wir m.E. gerade in Deutschland bzw. in der gesamten westlichen Welt.

24 Vgl. S. E. Ash (1951).

25 Lesenswert in diesem Zusammenhang ist auch die Taxonomie der Wokeness-Religion mit der Grafik „Woke Religion: A Taxonomy“ von Shellenberger und Boghossian, vgl. R. Dreher (2021).

 

ASCH, S. E. (1951), “Effects of group pressure upon the modification and distortion of judgments.” in H. GUETZKOW (Ed.), Groups, leadership and men”, Pittsburgh, Carnegie Press 1951.

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