Auf sprachwissenschaftlicher, psychologischer und ethischer Grundlage hat sich bislang kein Konsens ergeben, wie auf gemischtgeschlechtliche Personengruppen Bezug genommen werden soll. Geschlechtergerechtigkeit kann dafür sprechen, vom traditionellen Sprachgebrauch abzuweichen. Viele der derzeit gebräuchlichen Neuerungen rufen hingegen stilistische Probleme hervor, lassen die Ausdrucksmöglichkeiten der Sprache verarmen und verletzen die Regeln der deutschen Grammatik. Es kann deshalb nicht Sache der wissenschaftlichen oder hochschulpolitischen Institutionen sein, in dieser offenen Frage Vorschriften zu erlassen. Wie weite Teile der allgemeinen Öffentlichkeit sehen viele Netzwerkmitglieder das Vordringen von „offiziösen“ Leitlinien und Handreichungen mit Unbehagen, die zum Gebrauch von Binnen-I, Genderstern (Lehrer*innen), Unterstrich, eingefügten x etc. auffordern. Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit tritt dafür ein, dass niemandem eine solche als geschlechterinklusiv deklarierte Sprachform aufgenötigt werden darf.
Die Netzwerksprecherin Sandra Kostner verweist beispielhaft auf die Forderungen der Vertretung der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen vom Februar 2021. Dort wird allen Hochschulen in Deutschland nahelegt, den Genderstern einzuführen. Nur so sei angeblich die Voraussetzung für den freien Zugang in die Hochschule und für durchlässige Karrierewege gegeben. „Es gibt gute Gründe, die alleinige Herrschaft des generischen Maskulinums kritisch zu sehen“, so Kostner. „Aber es gibt auch viele gute Gründe gegen alle bisher vorgeschlagenen Alternativen einschließlich des Gendersterns.“ In dieser Situation sei von Hochschulleitungen und Ministerien Zurückhaltung gefordert. Dies gelte auch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte. Deren wichtige Aufgabe sei es, gegen konkrete Diskriminierungen vorzugehen, nicht Sprach- und Gesellschaftspolitik zu betreiben.
Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit fordert daher von den Hochschulen, den Wissenschaftsverwaltungen und den staatlich unterstützten Förderorganisationen, keine verbindlichen Vorschriften zur Nutzung bestimmter Formen gendersensibler Sprache zu erlassen. „Sprache ist für Forschung und Lehre ein zentrales Werkzeug. Wer in die Freiheit der Sprachverwendung eingreift, greift in die Freiheit von Forschung und Lehre ein“, betont Kostner. Es dürfe daher weder einen Zwang zu – noch ein Verbot von – „gendersensiblen“ Sprachformen geben.
Das Netzwerk vertrete uneingeschränkt das Primat der Einzelpersönlichkeit gegenüber der Institution: Nicht Corporate Identity, sondern das auf den Einzelnen bezogene Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit gelte. Mögliche Einschränkungen gebe es zuhauf: die offizielle Internetpräsenz von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Formulare in Datenbanken, die Sprache in der hochschulinternen Korrespondenz, in Unterrichtsmaterialien und Modulbeschreibungen. „Hier gibt es bereits dem Netzwerk bekannte Fälle, in denen Hochschulverwaltungen bestimmte Formen des ‚Genderns‘ mit der Macht des Apparats durchzusetzen versuchen“, beklagt Kostner.
Im Netzwerk Wissenschaftsfreiheit gebe es, so Kostner, durchaus keine einheitliche Meinung dazu, ob die Nutzung „gendersensibler Sprache“ grundsätzlich erwünscht sei oder nicht. Im Netzwerk kämen sehr unterschiedliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Erfahrungen, Generationen und politischer Einstellungen zusammen. „Entscheidend ist aber, dass wir uns gemeinsam gegen Entwicklungen wenden, die die Freiheit von Forschung und Lehre einzuschränken drohen. Daher: Kein Zwang zum Gendern“.